Mittwoch, 10. April 2019

Das Grauen lauert im Park

Letzten Montag musste ich zwei Stunden auf Akten warten, die ich im Landesarchiv bestellt hatte. Um die Zeit zu nutzen setzte ich mich ins Auto und fuhr ein wenig in Reinickendorf herum, um den Bezirk besser kennen zulernen. Schnell landete ich an der früheren Karl Bonhoeffer Nervenklinik. Sofort fiel mir Christiane F. aus "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" ein. Für Drogenabhängige war "Bonnies Ranch" in den 70er Jahren der gefürchtete und manchmal auch rettende Ort für den Entzug . Da wollte ich doch mal einen Blick hineinwerfen, denn wie so viele alte Psychiatrien, sind auch die Gebäude der jetzigen Vivantes Psychiatrie wunderschöne Baudenkmäler. 

In einem riesigen Park mit stattlichen alten Bäumen entdeckte ich das erste Gebäude.



Aber, oh Schreck, alles von hohen Glaswänden umzäunt, mit vergitterten Fenstern und Stacheldraht geschützten Dächern. Schnell war klar: hier handelt es sich heute um eine Forensische Einrichtung für psychisch kranke Straftäter. 

Auf einem Hinweisschild erregte dann Haus 10 meine Aufmerksamkeit-hier war die Ausstellung:


"Totgeschwiegen 1933-1945" zu besuchen.


In den Räumen der Ausstellung tat sich vor mir das ganze Grauen der Beteiligung an der Aktion T4 der Nationalsozialisten zur Tötung "unwerten" Lebens, der Durchführung von Sterilisationen und von grausamen medizinischen Versuchen an Menschen, die diese kaum überleben konnten, auf.


Die Darstellung einzelner Schicksale, Videoaufnahmen von Gesprächen mit Angehörigen und Betroffenen, die bürokratischen Dokumentationen der vorgenommenen "Behandlungen", die sich wie eine sachliche Anleitung zum Töten lesen.

Beeindruckend, wie offen und ohne Vertuschen das Haus seine eigene Beteiligung und Schuld hier der Öffentlichkeit offenbart. 

Auch heute noch 
ein bedrückender Ort

Alles in allem eine Mahnung vor dem was mit Menschen, Opfern wie Tätern, passiert wenn die Gesellschaft ihre Menschlichkeit und den Respekt vor dem Leben der einzelnen verliert. Leider war ich an diesem Vormittag die einzige Besucherin.