Mittwoch, 8. Februar 2017

Prenzlauer Berg ist nicht gleich Prenzlauer Berg


Wann immer ich sage, dass ich in Prenzlauer Berg wohne bekomme ich anerkennende, ja sogar bewundernde Reaktionen. Jeder verbindet diesen Stadtteil offensichtlich mit Prominenz, hohen Preisen und Exklusivität. Ja, Heike Makatsch, Benno Fuehrmann, Till Lindemann, Anna Maria Muehe und andere habe ich auch schon hier gesehen. Aber: nichts mit Glamour! Mit Parka und Pudelmuetze, Jeans und TShirt habe ich sie kaum erkannt. Mondän ist in diesem Stadtteil nichts, jeder trägt und macht was er will, auf berlinische Art. Das kann schön aber auch ziemlich hässlich sein. Chic (und freundlich) sucht man hier vergebens. Was ist nun Prenzlauer Berg?



Der Ortsteil Prenzlauer Berg ist Teil des Bezirks Pankow im Nordosten Berlins und grenzt im Westen und Südwesten an den Bezirk Mitte, im Süden an Friedrichshain-Kreuzberg, im Osten an Lichtenberg und im Norden an die Ortsteile Wedding, Weissensee und Pankow. Er hat etwas mehr als 160.000 Einwohner und ist damit etwa so gross wie Ludwigshafen oder Heidelberg. Der Ausländeranteil der Bewohner liegt mit 15,8% knapp unter dem Berliner Durchschnitt (16,1%). Abweichend sind aber die Anteile der Nationalitäten: die größte Gruppe bilden Franzosen, gefolgt von Italienern, Amerikanern, Briten, Spaniern und Dänen. Tuerken machen hier lediglich 0,3 % aus. Nach meiner Einschätzung sind das die Späti Betreiber. Diese rund um die Uhr geöffneten Mini Märkte gibt es an jeder Strassenecke.
Rund um die Uhr einkaufen, hier Sonntagabend um 21 Uhr. Alle im Umkreis von 500m!

Allgemein wird mit Prenzlauer Berg der Bereich in der Nähe Friedrichshain/Mitte in Verbindung gebracht. Bötzow-, Kollwitz-, Wins-, Helmholtzkiez. Das sind die Viertel die gemeinhin als Szeneviertel gelten. Ende des 18. Jahrhunderts wurden hier, ausserhalb der Stadt Berlin, riesige Viertel mit Mietskasernen fuer die Arbeiter aus den Giessereien, Brauereien und anderen Fabriken gebaut. Das heute grösste erhaltene Gruenderzeitviertel war damals eine ärmliche Arbeitersiedlung in der die Menschen dicht auf dicht elendig wohnten. Zu DDR Zeiten wurde der Bezirk sträflich vernachlässigt und dem Verfall preisgegeben. Er entwickelte sich zum Zufluchtsort fuer die Unangepassten. Kuenstler, Musiker, Poeten, Punker, alle die mit der DDR Regierung nicht auf Wellenschlag waren, konnten hier in ihrem Mikrokosmos ungestört leben. Die Häuser sahen noch bei Grenzöffnung aus, als sei der Krieg gerade vorueber.  Heute ist fast alles saniert, restauriert oder neugebaut. Nur noch wenige Ruinen zeugen von den alten Zeiten.



Jenseits der alten Stadtviertel wurden nach dem Krieg Wohnquartiere im sozialistischen Klassizismus (Zuckerbäckerstil) und später in den 60er und 70er Jahren Plattenbauten errichtet, die noch heute gut erhalten und vielfach die einzigen bezahlbaren Wohnquartiere sind. An den Rändern wuchsen die neuen Plattenbauten mit alten, dörflichen und kleinstädtischen Siedlungen zusammen. So ist Prenzlauer Berg heute also eine Vielfalt unterschiedlicher Baustile und Lebensumfelder. 



 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen